Digital Dads: Warum präsente Väter die Zukunft gestalten

Moderne Vaterschaft ist vielfältig. Während unsere Väter morgens „ins Bergwerk einfuhren“ und abends zurückkamen, sieht die Realität heute völlig anders aus: Väter wollen präsent sein, am Alltag ihrer Kinder teilhaben – und stoßen dabei auf alte Rollenbilder und strukturelle Hürden. Genau hier setzen die Digital Dads an: ein Netzwerk für Väter aus der Digital-, Medien- und Marketingbranche, das Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht als Frauenthema begreift, sondern als gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

In meinem Podcast habe ich mit Ekke und Hendrik über ihr Engagement bei den Digital Dads gesprochen – und darüber, wie unterschiedlich moderne Vaterschaft heute aussieht.

Drei Väter, drei Realitäten

Was mich an diesem Gespräch besonders fasziniert hat: Wir drei repräsentieren völlig unterschiedliche Familienmodelle. Ekke ist geschieden und lebt seit fast zwei Jahren im gleichwertigen Wechselmodell mit seinem Sohn. Hendrik lebt in einer klassischen Ehe mit seinen Kindern. Und ich? Ich bin seit vier Jahren Patchwork-Daddy eines mittlerweile 13-jährigen Jungen, nachdem ich mit seiner lange alleinerziehenden Mutter zusammengekommen bin.

Diese Vielfalt ist Programm bei den Digital Dads. Es geht nicht um ein bestimmtes Familienmodell, sondern darum, dass Väter in allen Lebenskonstellationen präsent sein können – und wollen.

Die Digitalbranche: Fluch und Segen

Als Menschen, die in der Digitalbranche arbeiten, bewegen wir uns in paradoxen Bedingungen. Einerseits sind wir „gesegnet“: Homeoffice gab es schon vor Corona, flexible Arbeitszeiten sind oft möglich, digitale Kommunikation selbstverständlich. Andererseits: Die ständige Erreichbarkeit, der Projektdruck, die Deadline-Kultur – all das macht es nicht einfacher.

Hendrik brachte es auf den Punkt: „Bevor man Kinder bekommt, reflektiert man diese klassische Rollenaufteilung vielleicht gar nicht. Ich war beruflich immer sehr stark eingebunden – nicht weil ich musste, sondern weil ich wollte. 60, 80 Stunden pro Woche waren kein Problem. Aber ab dem Moment, wo man jemanden hat, um den man sich kümmern muss, ist die alte Welt einfach nicht mehr vorhanden.“

Co-Parenting: Wenn Väter wirklich da sind

Besonders beeindruckend fand ich Ekkes Erfahrungen als geschiedener Vater im gleichwertigen Wechselmodell. Er erzählte von seinem Alltag: Morgens den Sohn zur Schule bringen, mittags abholen, gemeinsam kochen, Hausaufgaben betreuen. Das klingt selbstverständlich – ist es aber nicht. Denn während bei Müttern niemand erwartet, dass sie erklären, warum sie um 14 Uhr ein Meeting verlassen müssen, ernten Väter dafür oft fragende Blicke.

„Ich habe die Erfahrung gemacht: Wenn ich an weibliche Führungskräfte berichte, ist das Verständnis hoch. Aber ich sehe auch Geschäftsführer, die schreiben: ‚Oh, es sind Ferien, jetzt bin ich die nächsten zwei Wochen für meine Kinder da.‘ Diese Balance zu finden und zu zeigen, dass man das auch im Alltag leben kann – darum geht es.“

Mental Load: Verantwortung statt nur Ausführung

Ein Thema, das mich besonders beschäftigt hat: der Mental Load. Es reicht nicht, „auch mal“ das Kind abzuholen oder „zu helfen“. Es geht darum, mitzudenken. Wann ist der nächste Zahnarzttermin? Welche Geschenke brauchen wir für die Geburtstagsparty? Was muss für den Ausflug eingepackt werden?

Hendrik beschrieb, wie er und seine Partnerin versuchen, diese unsichtbare Arbeit gleichmäßig zu verteilen: „Meine Frau und ich teilen uns das relativ gut auf. Aber ich muss ehrlich sagen: Es ist ein ständiger Prozess. Man muss sich immer wieder bewusst machen, dass es nicht nur um die Ausführung geht, sondern um die Verantwortung.“

Die Patchwork-Perspektive

Als Patchwork-Vater bringe ich noch eine andere Perspektive mit. Mein Sohn kam mit 9 Jahren in mein Leben – mitten in einer Phase, in der Kinder anfangen, ihre Persönlichkeit zu entwickeln. Mit 13 ist er jetzt in der Pubertät, steckt zwischen Duolingo-Sessions und ersten philosophischen Gesprächen.

Vater sein ohne biologische Verbindung ist anders. Es gibt kein „Von-Anfang-an“, keine gemeinsame Vergangenheit. Aber es gibt das tägliche Da-Sein: das gemeinsame Kochen, die Gespräche über Schule und Freunde, die Medienzeit-Diskussionen. Und ja, auch die Auseinandersetzungen darüber, dass der Müll nicht von alleine rausgeht.

Väter und Technik: Ein zweischneidiges Schwert

Ein Thema, das uns als Digital Dads besonders beschäftigt: der Umgang unserer Kinder mit digitalen Medien. Wir arbeiten in dieser Welt, wir kennen ihre Chancen und Risiken. Wie gehen wir damit um, wenn unsere Kinder TikTok, YouTube oder Instagram entdecken?

Ekke erzählte von seinem pragmatischen Ansatz: Sein Sohn darf am Tablet spielen, aber nur, wenn die Hausaufgaben erledigt sind. Gleichzeitig versucht er, mit ihm über die Gefahren zu sprechen – nicht als Verbot, sondern als Verständnis dafür, dass nicht alle im Netz wohlgesonnen sind.

Ich selbst habe mit meinem Sohn über Content-Konsum gesprochen, über Algorithmen und darüber, wie Plattformen funktionieren. Als jemand, der selbst Content erstellt, kann ich erklären, was hinter den Kulissen passiert. Das schafft eine andere Ebene des Verständnisses.

Was die Digital Dads wollen

Die Digital Dads sind kein geschlossener Club, sondern ein offenes Netzwerk. Es geht um Austausch, um Sichtbarkeit, um Veränderung. In regelmäßigen Online-Meetups oder bei physischen Treffen in Hamburg, München oder im Rheinland diskutieren Väter über ihre Erfahrungen, Herausforderungen und Lösungen.

Aber es geht auch um mehr: Die Digital Dads wollen mit Arbeitgebern ins Gespräch kommen, tradierte Rollenbilder aufbrechen und Vereinbarkeit für alle ermöglichen – nicht nur für Eltern, sondern auch für pflegende Angehörige oder Menschen in anderen Lebensphasen.

Hendrik betonte: „Es gibt keinen Wettbewerb. Es geht nicht darum, wer es besser macht – Väter oder Mütter. Am Ende gewinnen die Kinder, und dann gewinnen wir alle.“

Ein Mindset-Wandel ist nötig

Das Kernproblem ist nicht, dass Väter nicht wollen. Das Problem ist, dass es strukturell und kulturell oft nicht vorgesehen ist. Dass ein Mann, der um 15 Uhr ein Meeting verlässt, um sein Kind abzuholen, schief angesehen wird. Dass Teilzeit für Väter in Führungspositionen oft keine Option ist. Dass Elternzeit für Männer immer noch die Ausnahme ist.

„Wenn ein Geschäftsführer schreibt, dass er zwei Wochen in den Ferien für seine Kinder da ist – das ist toll. Aber es reicht nicht“, sagte Ekke. „Es geht um den Alltag. Darum, morgens zur Schule zu bringen, mittags abzuholen, bei den Hausaufgaben zu helfen. Das ist, wo Vaterschaft stattfindet.“

Mein Fazit

Dieses Gespräch hat mir wieder gezeigt, wie wichtig Austausch ist – nicht nur zwischen Vätern, sondern zwischen allen, die Vereinbarkeit leben wollen. Die Digital Dads sind ein Beispiel dafür, wie Vernetzung funktionieren kann: authentisch, offen, ohne Ideologie.

Vaterschaft heute ist komplex. Sie ist vielfältig. Sie ist herausfordernd. Aber sie ist auch unglaublich bereichernd. Und sie braucht Sichtbarkeit, Verständnis und strukturelle Veränderung.

Wenn du selbst Vater bist, in der Digitalbranche arbeitest oder das Thema Vereinbarkeit wichtig findest: Schau dir die Digital Dads an. Tausch dich aus. Teile deine Erfahrungen. Denn am Ende geht es um mehr als nur um uns Väter – es geht um die Gesellschaft, in der unsere Kinder aufwachsen.


Die Digital Dads sind auf LinkedIn aktiv und versenden regelmäßig Newsletter. Wer mehr erfahren oder sich vernetzen möchte, findet dort alle Informationen.

Dieser Beitrag basiert auf einem Podcast-Gespräch mit Ekke und Hendrik von den Digital Dads. Die vollständige Folge gibt es im Podcast „meiersworld.de für die Ohren“.

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