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Liebe Leserinnen und Leser,

diese Woche beschäftigt mich eine Frage, die mir beim Entwickeln eines neuen Curry-Rezepts kam: Warum gelingt es mir mühelos, mit meinem Thermomix völlig neue Gerichte zu erfinden, während das Schreiben eines Buches mit KI-Unterstützung nach wie vor eine Sisyphusarbeit bleibt? Die Antwort liegt tiefer, als man zunächst denkt und Silke Modjesch und Christoph Landgraf stellen sich diese bestimmt öfter.

Das Rezept-Experiment: Wenn Maschine und Mensch harmonieren

Letzte Woche passierte etwas Wunderbares in meiner Küche. Ich wollte ein Thai-Curry zubereiten, hatte aber nur sehr europäische Zutaten daheim: Tomaten, Hühnerfilet, Kartoffeln, Zucchini. Normalerweise hätte ich aufgegeben oder zum Asiaten um die Ecke gegangen.

Stattdessen schmiss ich alles in den Thermomix und experimentierte. Zwanzig Minuten später stand ein Gericht vor mir, das so nie in einem Kochbuch gestanden hätte: Ein mediterranes Hähnchen-Gemüse-Curry mit Kartoffeln und Zucchini, verfeinert mit Tomaten und Basilikum. Es schmeckte fantastisch.

Das Geheimnis lag nicht im Gerät, sondern in meiner Rolle dabei. Der Thermomix übernahm die technische Ausführung – das präzise Zerkleinern, die gleichmäßige Temperatur, das konstante Rühren. Ich brachte das ein, was keine Maschine kann: Intuition, Risikobereitschaft und die Fähigkeit zu improvisieren.

Die Anatomie des Gelingens

Was macht das Kochen mit dem Thermomix so erfolgreich beim Experimentieren?

Unmittelbares Feedback: Ich rieche, schmecke und sehe sofort, ob mein Experiment funktioniert. Nach zwei Minuten weiß ich: mehr Salz, weniger Schärfe, längere Garzeit.

Reversible Entscheidungen: Fast jeder Fehler lässt sich korrigieren. Zu scharf? Sahne dazu. Zu fad? Gewürze nachstreuen. Zu dick? Brühe ergänzen.

Klarer Rahmen: Die Physik der Küche gibt mir Leitplanken vor. Öl und Wasser verbinden sich nicht, Zwiebeln werden bei hoher Hitze braun, Fleisch braucht bestimmte Kerntemperaturen.

Erfahrungswissen: Nach Jahren des Kochens habe ich ein Gefühl dafür entwickelt, welche Zutaten harmonieren und welche Mengen funktionieren.

Der Buch-Albtraum: Wenn KI zur Sackgasse wird

Vergleichen wir das mit dem Versuch, ein Buch zu schreiben. Seit Monaten experimentiere ich mit ChatGPT, Claude und anderen KI-Systemen für mein nächstes Romanprojekt. Das Ergebnis ist ernüchternd.

Die KI produziert technisch korrekte Texte. Grammatisch einwandfrei, stilistisch glatt, inhaltlich… nichts. Es fehlt der Geschmack, die Seele, das Unvorhersehbare. Wie ein perfektes Thermomix-Rezept, dem man vergessen hat, Salz hinzuzufügen.

Warum scheitert das Buchprojekt, während das Curry gelingt?

Die fundamentalen Unterschiede

Problem 1: Verzögertes Feedback

Beim Kochen merke ich nach Sekunden, ob mein Experiment funktioniert. Beim Schreiben erfahre ich erst nach Wochen oder Monaten, ob meine Geschichte die Leser fesselt. KI kann mir nicht sagen, ob Kapitel drei langweilig ist oder ob meine Protagonistin sympathisch rüberkommt.

Problem 2: Irreversible Entscheidungen

Ein versalzenes Curry lässt sich retten. Eine langweilige Grundidee für einen Roman nicht. Wenn ich merke, dass meine KI-generierte Handlung nicht funktioniert, muss ich bei null anfangen. Hunderte Seiten Text landen im digitalen Papierkorb.

Problem 3: Unklare Regeln

Die Küche folgt physikalischen Gesetzen. Das Schreiben folgt… ja, was eigentlich? Es gibt keine Naturgesetze für gute Geschichten. Was einen Leser fesselt, langweilt den nächsten. KI kennt diese Nuancen nicht.

Problem 4: Fehlende Intuition

Meine Kochintuition basiert auf Jahren der Erfahrung. Meine Schreibintuition ist noch älter – aber sie lässt sich nicht einfach an eine KI delegieren. KI kann Worte kombinieren, aber keine Emotionen erschaffen.

Das Problem der falschen Erwartungen

Hier liegt der Kern des Problems: Wir erwarten von KI beim Schreiben dasselbe wie vom Thermomix beim Kochen. Aber das ist ein Kategorienfehler.

Der Thermomix ist ein Werkzeug, das mechanische Prozesse übernimmt. Schneiden, mixen, erwärmen – alles Tätigkeiten, die präzise ausführbar sind. Die kreative Leistung liegt in der Rezeptentwicklung, der Würzung, der Kombination der Zutaten.

KI beim Schreiben übernimmt hingegen genau den Teil, der die Seele des Schreibens ausmacht: die Wortwahl, den Rhythmus, die Stimme. Sie lässt mir die mechanischen Teile übrig: Plotten, strukturieren, überarbeiten.

Das ist, als würde der Thermomix mir die Zutaten schneiden, aber ich müsste das Rühren von Hand übernehmen.

Was funktioniert – und was nicht

Der Thermomix-Erfolg: Präzision + Kreativität

  • Maschine übernimmt: Mechanische Prozesse
  • Mensch behält: Kreative Entscheidungen
  • Feedback: Unmittelbar und sinnlich
  • Korrektur: Meist möglich

Das KI-Dilemma: Kreativität ohne Seele

  • KI übernimmt: Den kreativen Kern
  • Mensch behält: Die mechanische Arbeit
  • Feedback: Verzögert und subjektiv
  • Korrektur: Oft nur durch Neubeginn

Die Lehre für den Umgang mit KI

Vielleicht nutze ich KI beim Schreiben einfach falsch. Statt sie Geschichten erfinden zu lassen, könnte ich sie für die mechanischen Teile einsetzen:

  • Recherche: KI sammelt Informationen zu Schauplätzen oder historischen Details
  • Strukturierung: KI hilft beim Organisieren von Kapiteln und Handlungssträngen
  • Überarbeitung: KI prüft Konsistenz und spürt logische Löcher auf
  • Formatierung: KI übernimmt das Layout und die technische Aufbereitung

Die Geschichte selbst, die Charaktere, die Emotionen – das muss von mir kommen.

Ein ehrliches Fazit

Nach diesem Experiment ist mir klar geworden: Neue Rezepte zu erfinden funktioniert mit dem Thermomix, weil das Gerät das macht, was Maschinen gut können: präzise Ausführung. Ich behalte das, was Menschen gut können: Kreativität und Intuition.

Beim Buchschreiben mit KI ist es umgekehrt. Die KI macht das, was Menschen gut können sollten: kreieren. Ich bekomme das, was Maschinen besser könnten: die mechanische Arbeit.

Vielleicht ist das die wichtigste Erkenntnis für den Umgang mit neuen Technologien: Nicht jedes Tool eignet sich für jeden Zweck. Und manchmal ist die beste Technologie die, die unsere menschlichen Fähigkeiten verstärkt, anstatt sie zu ersetzen.

Praktische Konsequenzen

Für mein nächstes Buchprojekt werde ich KI anders einsetzen:

  • Weniger « Schreib mir eine Geschichte »
  • Mehr « Hilf mir bei der Recherche zu viktorianischen Giftmorden »
  • Weniger « Erfinde einen Charakter »
  • Mehr « Prüfe, ob meine Zeitlinie logisch ist »

Für neue Rezepte werde ich weiter experimentieren:

  • Der Thermomix übernimmt die Technik
  • Ich übernehme die Fantasie
  • Zusammen schaffen wir etwas Neues

Lesestoff: Wenn LinkedIn zum Kochbuch wird

Passend zu unserem Thema über das richtige Verhältnis von Mensch und Maschine möchte ich euch « So nutzt Du das volle Potenzial von LinkedIn! » von Tomas Herzberger empfehlen. Ein Buch, das zeigt, wie KI-Tools wie ChatGPT, Canva und Midjourney beim Content-Marketing helfen können – ohne dabei die menschliche Strategie zu ersetzen.

Herzberger macht etwas, was viele KI-Ratgeber falsch angehen: Er erklärt nicht nur die Tools, sondern auch, wann und wie man sie sinnvoll einsetzt. Genau wie beim Thermomix übernimmt die Technologie die mechanischen Prozesse – das Erstellen von Grafiken, das Formulieren von Posts, das Aufbereiten von Inhalten. Die strategischen Entscheidungen aber – welche Story erzähle ich, wie baue ich meine Marke auf, wen möchte ich erreichen – bleiben beim Menschen.

Das Buch behandelt alles von der Profil-Optimierung über Content Creation bis hin zu Social Selling und zeigt dabei immer wieder: Die beste Technologie nutzt nichts ohne die richtige menschliche Strategie dahinter.

Ein Praxisbuch, das beweist: KI ist ein fantastisches Werkzeug – wenn man weiß, wofür man es einsetzt.


Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Wo funktioniert KI für euch, wo stößt sie an Grenzen? Schreibt es in die Kommentare – ich bin gespannt auf eure Experimente!

Bis nächste Woche mit neuen Erkenntnissen zwischen Küche, Code und Kreativität!

Euer #digitalpaddy

P.S.: Das mediterrane Hähnchen-Gemüse-Curry-Rezept teile ich gerne, falls Interesse besteht. Es beweist: Die besten Innovationen entstehen aus dem Mut zur Improvisation.

Zweites P.S.: Schaut euch dieses Youtube Video an, wenn ihr etwas über Brawl Stars lernen möchtet.

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