Die Überschrift dieses Beitrags liest sich fast so sperrig, wie es inzwischen geworden ist, ein ganz normales Hemd zu finden. Egal, in welches Bekleidungshaus ich aktuell gehe – ob auf der Suche nach einem Hemd, Anzug oder Mantel – immer wieder lese ich „Slim Fit“. Ab und an verirrt sich noch ein „Tailored Fit“ oder „Custom Fit“ in die Regale.
Wer nun annimmt, dass es sich bei einem Hemd, das auf einem Stapel liegt und dessen Preisschild mit „59,99 €“ lockt, um ein ganz normales Kleidungsstück handelt, der irrt. Es ist höchstwahrscheinlich ein Slim-Fit-Hemd. Denn Slim ist das neue Normal. Während wir bei den Supermodels gerade dabei sind, den Magerwahn hinter uns zu lassen und ihnen auf dem Salat sogar mal ein Joghurtdressing gönnen, sollen wir Männer uns von der Currywurst mit Pommes verabschieden – der Passform zuliebe.
Sind jetzt plötzlich alle Männer schlanker und fitter als unsere Väter oder Großväter? Wohl kaum. Auch sie trugen nicht täglich Maßhemden, sondern griffen bei C&A zu einem Stangenhemd in Größe 40 – und wurden damit durchaus glücklich.
Heute jedoch kann der Griff zur altbewährten 40 fatal enden. Was früher 40 war, ist heute irgendein „Fit“, in das bestenfalls der Oberkörper eines spätpubertären Jünglings passt. Männer müssen heute strategisch einkaufen: Wer eine 40 braucht, greift zum XXL-Slim-Fit – und passt plötzlich wieder hinein. Der Kommentar unter Kollegen lautet dann meist: „Ist ein Slim Fit.“ Respekt ist dem Käufer gewiss.
Die andere Option? Permanentes Einziehen des Bauches – was früher oder später zu Atemnot und im schlimmsten Fall zum Herztod führen kann. Oder man presst sich in das Hemd hinein und bringt damit die Knopfleiste an ihre Belastungsgrenze. Die Damenwelt beobachtet das meist mit einem leicht amüsierten Blick – schließlich haben sie sich schon vor Jahren an das Diktat der Modeindustrie gewöhnt und kaufen einfach eine Nummer größer. Auch wenn’s manchmal weh tut.
Mir persönlich geht der Slim-Fit-Trend ehrlich gesagt gewaltig auf den Keks. Denn die wenigsten Männer haben wirklich einen „Slim Fit“-Body. Stattdessen entsteht ein nerviges Karussell aus Selbstbetrug, Größenwahn und einer Modeindustrie, die glaubt, mit Slim Fit auf das richtige Pferd gesetzt zu haben – autsch.
