
Am 13. Juli 2005 gab es folgenden Blogeintrag in der frühen Version dieses Blogs:
In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Psychologie Heute (August 2005)findet sich ein interessanter Artikel von Nicola Döring zum Thema Blogs, unter der Überschrift Blogs: Jeder ein Publizist berichtet sie über den aktuellsten Trend im Internet, das bloggen. Aus der Sicht der Diplompsychologin beschreibt sie die verschiedenen Funktionen die ein Webblog haben kann, eine Sozialfunktion, Archivfunktion, Reflexionsfunktion, Ventilfunktion, Kreativfunktion und eine Öffentlichkeitsfunktion.
Zwanzig Jahre später ist alles anders und ich habe mich mit Chatty unterhalten und einmal nachgefragt wie sich die Welt der Blogs verändert hat. Nicht nur gefühlt, sondern auf der Basis von Deep Research.
Das Resultat fand ich nicht nur schlüssig, sondern auch sehr spannend. Mein Fazit zu Beginn ist, dass Blogs die Entwicklung der Gesellschaft und das zeitgeistliche Sein klarer widerspiegeln als andere Kanäle. Blogs haben vor allem eines nicht verloren: Sie sind unabhängige Plätze für Meinungen, Kreativität und Denkanstösse. Keine Fremd-AGB und keine Fremdbestimmung dessen was gepostet werden darf und was nicht.
Nun aber zu den Resultaten von Chatty:
1. Bloggen als Teil der digitalen Identitätsbildung
Aktuelle Studien zeigen, dass Blogs—ähnlich wie Social Media—zentrale Rollen bei der Identität spielen:
- Ein Forschungsprojekt zur Identitätskonstruktion fand, dass Blogger:innen umso länger aktiv bleiben, je besser ihr digital gezeigtes Selbstbild mit dem idealen Selbst (Erwartungen) übereinstimmt SpringerLink+1Oxford Academic+1.
- In sozialen Medien unterscheidet man typischerweise zwischen dem „repräsentierten Selbst“, dem „registrierten Selbst“ (öffentlich) und dem „abgeleiteten Selbst“ (wie andere uns sehen) – dieses Modell lässt sich gut auf Blogs übertragen Psychology Today.
Nachhaltiger Effekt
Eine gute Passung der Selbstbilder fördert langfristiges Bloggen und stärkt Vertrauen in die eigene digitale Stimme – ohne unnötige Selbstdarstellung.
2. Selbstwirksamkeit & psychosoziale Effekte
- Soziale Medien-Selbstwirksamkeit („social media self-efficacy“) verringert Erschöpfung und stärkt das Vertrauen in das eigene Handeln im Netz ResearchGate.
- Blogs und Videoblogs unterstützen häufig psychische Erholung und Selbstreflexion – ein Review betont Chancen in der mentalen Gesundheitsförderung, insbesondere kulturübergreifend SpringerLink.
Nachhaltiger Effekt
Gezieltes Bloggen (z. B. über persönliche Entwicklungen) kann helfen, Selbstbewusstsein aufzubauen und Wohlbefinden zu fördern – dabei ist es ausreichend, wenn man sich bewusst auf wenige Formate konzentriert.
3. Abgrenzung: Unterschiedliche Formen digitaler Kommunikation
Eine groß angelegte Studie unterscheidet mehrere Nutzungstypen (z. B. private Diskussion, öffentliches Teilen, Konsum positivem Contents) – und fand, dass nicht alle Formen förderlich sind:
- Enger Austausch und positives Broadcasten können ernste Risiken wie soziale Vergleichs-Ängste und depressive Symptome bergen de.wikipedia.org+12content-select.com+12content-select.com+12jmir.org+1ResearchGate+1.
- Gezielte positive Beiträge wirken dagegen eher entlastend.
Nachhaltiger Effekt
Bewusst ausgewählte Blogformate (z. B. reflektierende Artikel statt emotional aufgeladener Posts) reduzieren Stress und fördern positive Nutzung.
4. Zukunftstrend: Plattformentwicklung & Digital Well‑Being
- Forschende entwickeln aktuell Konzepte wie „Inspiration vs. Realität“-Modi, um digitalen Druck durch Vergleich mit überbearbeiteten Inhalten zu verringern arxiv.org.
- Der Trend geht hin zu „prosozialen Medien“, die Empathie und informierte Kommunikation fördern – dies schließt auch Blogs als dezentralere Form der Publizistik ein wired.com.
Nachhaltiger Effekt
Blogbetreibende können aktiv für Authentizität sorgen, indem sie ehrliche, weniger „perfekte“ Einblicke geben und somit zur digitalen Resilienz beitragen.
Fazit: Was hat sich seit 2005 verändert?
Bereich | Frühe Sicht (Döring, 2005) | Aktueller Stand |
---|---|---|
Identität | Blogs als Spiegel persönlicher Funktionen | Blogs als integraler Teil digitaler Identität mit dynamischem Selbstbild |
Psychische Funktion | Reflexion, Ventil, Archiv | Blogs stärken Selbstwirksamkeit und mentale Gesundheit (v. a. in unterstützender Nutzung) |
Risiken | kaum thematisiert | soziale Vergleichs-Ängste und Stress bei bestimmten Formaten erkannt |
Plattformkontext | isolierte Blogs | Teil eines komplexen Ökosystems mit Fokus auf Wohlbefinden und Dezentralisierung |