Sie lernen sich auf einer Party kennen. Es knistert. Sie schlafen miteinander. Heimlich – denn beide sind verheiratet, haben Familie.
Der Höhepunkt ihres doppelten Spiels: ein Wochenende auf einer Mittelmeerinsel, auf der sich Sex, Zweifel, Euphorie und Lügen unaufhörlich abwechseln.

Ein dramatisches Grundgerüst

Kurz gesagt: Edoardo Albinati hat in seiner Novelle Ehebruch all das verarbeitet, was im klassischen Sinne ein Drama ausmacht.
Und doch bleibt das Drama im eigentlichen Sinne aus. Ehebruch ist eine knappe, manchmal sprunghafte Erzählung, die nicht immer schlüssig erscheint – aber genau darin liegt ihre Stärke.

Denn Albinati gelingt es auf wenigen Seiten, das emotionale Spannungsfeld eines Seitensprungs tief und nachvollziehbar auszuloten: vom aufkommenden schlechten Gewissen bis hin zu einem Selbsthass, der sich mit dem schweißgetränkten Körperkontakt zu vereinen scheint.

Wie schön Betrug sein kann – und wie hässlich die Wahrheit

So fiktiv die Liebesinsel auch ist, so klischeehaft manche Szene geraten mag – Albinati zeigt ohne moralischen Zeigefinger, wie berauschend schön ein Betrug sein kann.
Und gleichzeitig, wie hässlich die Wahrheit ist, die sich unweigerlich einschleicht und jede Glückssekunde zur emotionalen Farce verkommen lässt.

Franziska Wolffheim sieht das im Spiegel etwas anders: Sie wirft Albinati vor, sich nach seinem gefeierten Werk Die katholische Schule mit Ehebruch zu einfach gemacht zu haben.
Doch spätestens bei einer Schlüsselszene – an einem von Sandflöhen verseuchten Strand – wird deutlich: Hier schreibt jemand mit Gespür für Symbolik. Die Flöhe stehen als fein gezeichnete Metapher für das wachsende Unwohlsein der Liebenden. Kein einfacher Kunstgriff, sondern literarisches Feingefühl.

Eine dunkle Vorahnung

Ehebruch liest sich stellenweise wie eine dunkle Vorahnung dessen, was glücklichen Paaren bevorstehen könnte – und als destillierte Essenz all jener Geschichten, die sich in zahllosen Beziehungen schon abgespielt haben.

Dennoch: Albinatis Buch bleibt leichte Lektüre.
Manchem wird es das Herz für einen Moment schwer machen, anderen einen Aha-Moment schenken.
Beides hinterlässt Spuren – wie die Stiche der Sandflöhe: kurz unangenehm, dann schnell vorüber.

Und für Fans von Annett Louisan gibt es sogar den passenden Song zum Buch: „Was haben wir gesucht?“

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