Haben Sie schon einmal eine Liebes-E-Mail bekommen? Also eine richtige Liebeserklärung im schwülstigen Stil der Romantik? Eher nein, schätze ich mal. Mails und andere elektronische Kommunikationsformen sind eher etwas unromantische Liebesboten. Offizielle Statistiken gibt es dazu keine, oder etwa doch? Und abfotografierte Körperteile gelten nicht als Loveletter (auch wenn manche männlichen Geschlechtsgenossen davon ausgehen).
Wir lesen öfter von Trennungen auf elektronischem Weg, da meint mancher Partner, sich kurz fassen zu können.
Länger ist besser per Brief.
Der Brief hat eine wunderbare Eigenschaft: Er braucht Zeit, bis er beim Empfänger ankommt. Er kommt nie wenige Sekunden an, nachdem er versendet wurde. Briefträger klingeln nicht um 03:32 Uhr. Die Post kommt meist zur gleichen Zeit, etwas Beruhigendes in den hektischen Zeiten des Dauerping.
Der Brief ist der Softie unter den Kommunikationsformen. Er drängelt sich nicht ungefragt in den Alltag. Er geht an eine Person persönlich und nicht in vielfacher Kopie an einen Empfängerkreis. Er ist geduldig und wartet, bis er seinen Zauber entfalten darf, oder man kann ihm gestatten, seine höllische Wirkung (Post vom Finanzamt) mit Verzögerung zum Ausbruch zu bringen.
E-Mails sind die ungebetenen Besucher im Tagesablauf. Eben erst losgeschickt, warten sie nicht lange und werden abends um 23:00 Uhr in New York versendet, um um 05:00 Uhr beim Berliner Empfänger zu sein.
Sie tragen die Ungeduld in sich und warten auf Antworten. Sie blinken mit roten Ausrufezeichen, wenn sie sich wichtig machen wollen, und dienen als Megafon der Beliebigkeiten, wenn sie mehr als fünf Empfänger haben.
Sie sind die Machos der Kommunikation, der Dick Pig Kanal und die Phisher im Kommunikationsozean.
Wir wissen all dies und können uns dennoch nicht von den kleinen toxischen Nachrichten lösen, denn wir sind nicht nur Opfer der Mailflut, sondern meistens auch Mitverursacher.
Bin ich zu kritisch mit der Mail? Was ist Ihre Lieblingsform der Kommunikation (meine ist das gesprochene Wort)?