
Jan Clement hatte sich ein System zurechtgelegt. Morgens Zahlen, nachmittags Menschen. Die Vormittage verbrachte er im provisorischen Büro, das ihm der Pfarrer im Gemeindehaus zur Verfügung gestellt hatte – ein stickiger Raum voller verstaubter Aktenordner und dem schwachen Geruch von Bohnerwachs. Die Nachmittage nutzte er für das, was er „Feldforschung” nannte. „Sie wollen wirklich mit allen sprechen?”, hatte Pfarrer Höhler gefragt, als Jan ihm seinen Plan vorstellte. Der rundliche Mann saß hinter seinem Schreibtisch wie ein gutmütiger Buddha, die Hände über dem Bauch gefaltet. „Mit möglichst vielen”, antwortete Jan. „Zahlen erzählen nur die halbe Geschichte.” Höhler lächelte. „Das hätte ich von einem Unternehmensberater nicht erwartet.” „Ich bin kein gewöhnlicher Unternehmensberater.” „Und wir sind keine gewöhnliche Gemeinde.” Höhler stand auf und ging zum Fenster. „Wissen Sie, Herr Clement, diese Kirche steht seit 1723. Sie hat Kriege überstanden, [...]
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