Als ich vor zehn Jahren meinen ersten Blog startete, hatte ich keine Ahnung von Suchmaschinenoptimierung. Ich wusste, dass es Google gibt und dass die Suchmaschine Webseiten im Netz findet und auf ihrer Ergebnisseite anzeigt. Damals gab es noch Yahoo und Ask.com – und heute? Immer noch Google. Und Bing.
Google hat eine ganze Industrie rund um das Thema Suchmaschinenoptimierung entstehen lassen. Es gibt wahre Götter auf diesem Gebiet: Sie sprechen ein Wort, und schon wird eine Seite gerankt. Viele Webseitenbetreiber:innen und Blogger:innen sehnen sich danach, dass ein solcher Halbgott ihren Blog berührt, denn für sie ist Google heilig. Doch dieser Glaube ist ein fataler Irrtum. Manche Blogger:innen gehen sogar so weit, Google die Macht zuzusprechen, Gesetze zu erlassen, die blind zu befolgen sind. Höchste Zeit, sich mit einigen dieser Legenden auseinanderzusetzen.
Die Gesetzeslegende
In Foren, Blogs und auf Social Media suchen verzweifelte Bloggerinnen – oft junge Frauen, die sich der Mode-, Lifestyle-, Gutschein-, Food- oder Ratgeber-Bloggerei verschrieben haben – nach Lösungen für die Do-Follow-No-Follow-Problematik. Der Grund: Eine Agentur hat angefragt, ob ein Artikel mit Do-Follow-Link möglich wäre. Sobald das Wort „Do-Follow“ in Verbindung mit Google fällt, bricht ein Kommentarsturm los. Die Legende, Google habe Do-Follow-Links in bezahlten Artikeln verboten und bestrafe Zuwiderhandlungen, erhält neuen Auftrieb.
Doch Google ist ein Wirtschaftsunternehmen, das mit einer Suchmaschine Milliarden verdient – vor allem durch den Verkauf von Keywords. Kein Wunder, dass das Unternehmen es nicht gerne sieht, wenn andere von diesem Kuchen profitieren. Die Do-Follow-No-Follow-Regel soll den eigenen Algorithmus schützen – so die offizielle Begründung. Dabei kann Google sehr wohl unterscheiden, ob eine Webseite seriösen Content bietet oder nur eine Linkschleuder ist. No-Follow und Do-Follow sind vor allem ein Instrument, um wirtschaftliche Interessen zu wahren.
Ob für einen Artikel Geld geflossen ist, weiß Google nicht. Dafür gibt es in Deutschland klare gesetzliche Vorgaben: Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) regelt, wie bezahlte Beiträge in redaktionellen Medien zu kennzeichnen sind. Das ist das einzige Gesetz, das zählt. Alles andere sind Regeln eines Unternehmens, das sich mit manchen Vorgaben vor Konkurrenz schützt.
Der Mythos von Googles Qualitätsurteil
Eine weitere hartnäckige Legende besagt, Google entscheide über die Qualität eines Blogs. Doch die Suchmaschine bewertet lediglich, ob ein Blog im Sinne ihres Algorithmus „Sinn macht“. Relevante Suchergebnisse sichern Googles Nutzung – und damit seine Einnahmen. Ob ein Blog inhaltlich überzeugt oder von SEO-Expert:innen optimiert wurde, entscheidet jedoch allein die Leserschaft, nicht eine Maschine.
Natürlich ist es sinnvoll, die technischen Regeln von Suchmaschinen zu beachten. Wer jedoch eine redaktionelle Webseite betreibt, sollte den Fokus auf Inhalte legen, nicht auf Codeschnipsel. Denn sobald Google seinen Algorithmus wieder ändert – etwa durch ein neues Update wie „Panda“ oder „Gorilla“ –, sind alle Anpassungen umsonst. Bis auf die der SEO-Götter: Die predigen dann einfach aus einem anderen Kapitel der Suchmaschinen-Bibel. Wer hier Parallelen zum Rattenfänger von Hameln zieht, hat die Dynamik der SEO-Branche bereits verstanden.
Warum Google als „böse“ gilt
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung titelte einst, Google sei böse. Bei Axel Springer machte sich Angst breit – obwohl Google zu den größten Werbepartnern des Verlags gehört. Doch warum die Furcht? Traditionelle Medienhäuser, die jahrzehntelang mit Printanzeigen Geld verdienten, fürchten die Macht des Internets. Google beherrscht es wie kein anderes Unternehmen und generiert damit Gewinne, die früher in ihre eigenen Kassen flossen.
Google ist nicht böse, weil es schlecht handelt, sondern weil es erfolgreich ist. Für Nutzer:innen ist die Suchmaschine ein mächtiger Torwächter, der das digitale Leben erleichtert – aber auch kontrolliert. Verlage, die das Internet lange ignorierten, stehen heute vor der Frage: Wie lassen sich die Krümel vom Tisch des Suchmaschinenriesen sichern?
Blogger:innen im Algorithmen-Hype
Die Fixierung vieler Blogger:innen auf Google ist problematisch. Wer als Fashionblogger:in mehr Energie in SEO steckt als in kreative Outfits, wird kaum Leser:innen begeistern. Google ist kein Erfolgsgarant. Wer Texte schreibt, die niemand lesen will, profitiert auch nicht von kurzfristigen Ranking-Sprüngen.
Blogger:innen sollten sich auf ihre Stärken besinnen: Texte, Videos und Bilder, die überzeugen. Google schreibt niemandem vor, wie Werbung zu gestalten ist – das regelt der Staat. Ein Blog ist in erster Linie ein Hobby, kein Businessmodell. Wer dennoch Pandas studieren möchte: Die gibt es im Zoo.
